22.10.2007

Hurra, wir kapitulieren

“Es ist kein Geheimnis, dass Osama Bin Laden und seine Anhänger
die Europäer für einen Haufen korrupter Angsthasen halten.
Ihr liebt das Leben, Wir den Tod , rufen sie uns zu und freuen sich über jedes
No Blood for Oil Plakat, das auf einer Anti-Kriegsdemo getragen wird."

Henryk M. Broder

(einer meiner lieblings Sätze im Buch)

21.10.2007

Die Irangefahr

Von Aluf Benn


Der Iran bewegt sich ungehindert auf die Atombombe zu - so die Lageanalyse der politischen und militärischen Führungsschicht in Israel. Der Versuch, ihm durch wirtschaftliche Sanktionen Einhalt zu gebieten, ist gescheitert, vor allem weil Russland, Deutschland und Italien sich weigern, ihre Geschäfte mit den Iranern einzustellen. Auf dem Tisch verbleiben demnach zwei Optionen: sich mit der atomaren Aufrüstung des Iran abzufinden oder sie mit Gewalt zu stoppen.

Die USA haben militärische Möglichkeiten, doch gibt es innerhalb der Regierung Opposition gegen eine Aktion im ran. Die Chancen eines amerikanischen Angriffs sind gering, die endgültige Entscheidung wird jedoch von Präsident George W. Bush getroffen. In Jerusalem tut man sich schwer mit der Beurteilung, was bei ihm überwiegt – die politischen und strategischen Bedenken gegen einen zusätzlichen Krieg im Nahen Osten (nach der Verwicklung im Irak) oder sein Glaube, dass es an ihm sei, die Welt vom Albtraum einer Atomwaffe in den Händen von Ali Chamenei und Mahmoud Ahmadinejad zu erlösen.

In den letzten Wochen hat in den USA eine lebhafte Debatte darüber stattgefunden, was man in Bezug auf den Iran tun sollte – Dialog, was die Akzeptanz des Atomprogramms bedeutet, oder Krieg. Amerikanische Strategen reden von der „kubanischen Raketenkrise in Zeitlupe“ und suchen einen dritten Weg, zwischen Angriff und Einverständnis. In Israel gibt es keine solche Debatte, abgesehen von einem kleinen Kreis von Sachverständigen und Interessierten. Scheinbar wartet Israel auf die Entscheidung von Bush, die im nächsten Jahr fällig ist, bevor es darüber nachdenkt, selbst den Iran anzugreifen.

Die öffentliche Diskussion in Amerika offenbart die unterschiedlichen Positionen der Entscheidungsträger in Jerusalem und in Washington. Von hier aus betrachtet, wirkt die iranische Bedrohung viel konkreter und furchteinflößender und die Antwort viel einfacher und präziser. Man nimmt an, dass der Iran, wie einst der Irak und Syrien, sich mit einer Reaktion schwer tun würde. Womöglich würde er einige Raketen nach Israel schicken - und zusätzlich noch einige über die Hisbollah aus dem Libanon – sowie einen Terroranschlag gegen ein israelisches Ziel im Ausland initiieren. Dies wäre schmerzhaft, aber erträglich und würde als zu rechtfertigender Preis für die Beseitigung einer existentiellen Bedrohung empfunden werden.

Auf amerikanisch klingt „Angriff gegen den Iran“ wie ein dritter Weltkrieg, so wie Bush am Mittwoch gewarnt hat: wochenlange Bombardierung der militärischen und zivilen Infrastruktur des Iran im Anschluss an Gesprächsversuche und ein offenes Ultimatum, dem die Blockade der Öllieferungen an den Westen und Terroranschläge mit Tausenden amerikanischer Opfer folgen würden, wenn nicht gar ein jahrelanger pan-islamischer Jihad gegen die USA. Selbstverständlich erscheinen die Destabilisierung der Weltordnung und die Zerstörung der westlichen Volkswirtschaften angesichts einiger Atombomben im Iran übertrieben.

Wenn Israelis vom „point of no return“ des iranischen Atomprogramms sprechen, meinen sie das „Überschreiten der technologischen Schwelle“, d.h. den Moment, in dem iranische Ingenieure und Wissenschaftler das Know-how zum Bau von Atomwaffen beherrschen und auch darauf zurückgreifen können, wenn die bestehenden Anlagen zerstört bzw. aufgrund diplomatischer Vereinbarungen geschlossen würden. Die rote Linie der Amerikaner liegt an einem ferneren Zeitpunkt, wenn der Iran über eine einsatzbereite Bombe verfügt.

Die Unterschiede in den Positionen sind verständlich. Der Einwohner Chicagos oder Miamis kann in Ruhe mit der iranischen Bombe leben, so wie er unter der sowjetischen Bedrohung gelebt hat. Der Einwohner Tel Avivs, den der iranische Präsident nach Alaska oder Kanada zu vertreiben droht, muss da sehr viel besorgter sein.

„Die Welt“ ist sich dieser Unterschiede bewusst, und ihre Verweigerung von Sanktionen und ernsthafter Organisierung gegen den Iran drängt Israel still und leise zur Entscheidung des Angriffs. Das internationale Schweigen, mit dem die Aktion in Syrien bedacht worden ist, könnte als Ermunterung der israelischen Machtdemonstration aufgefasst werden. Der Austausch von Drohungen zwischen Israel und dem Iran ist von der internationalen Gemeinschaft - jedenfalls bis zur letzten Rede Bushs - gleichgültig aufgenommen worden, wenn man es mit den fortgeschrittenen Anstrengungen in der palästinensischen Frage vergleicht. Womöglich hat der amerikanische Experte, der die Geschehnisse seit Jahren verfolgt, ja Recht, wenn er sagt: „Ihr habt eineinhalb Millionen Palästinenser, die morgen nach Tel Aviv marschieren können und regt euch über Atomwaffen im Iran auf?“

Doch von Israel aus betrachtet, sieht es anders aus: In den Augen der Entscheidungsträger werden wir mit den Palästinenser irgendwie zurechtkommen. Die iranische Bedrohung jedoch wird als unerträglich empfunden. Wer anders denkt, spricht dies nicht offen aus, zumindest nicht, bis klar ist, ob es wirklich einen Weg gibt, die Iraner zu stoppen – oder es schon zu spät ist.

(Ha’aretz, 19.10.07)


(vom ex-strangeboy bekommen)

50 Jahre sind 50 Jahre zu viel !!!!!!


„SO WAS KOMMT VON SO WAS“
50 JAHRE GESCHICHTSREVISIONISMUS
UND VOLKSTÜMELEI : HISTORISCHE
SCHULD LÄSST SICH NICHT LEUGNEN



Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges
wurden Teile Deutschlands in die vier bekannten
Besatzungszonen eingeteilt, andere
Teile wurden verschiedenen Nationen zugesprochen.
Aus einigen dieser Nationen kam
es in der Folgezeit zu Umsiedlungen nach
Deutschland. Die Deutschen hatten sich in
diesen Staaten schon vor der Herrschaft der
Nationalsozialisten größtenteils als eigenständige
Kollektive konstituiert. Diese basierten
einzig auf der angeblich gleichen
Kultur. Mit dieser Abgrenzung hatte die
Deutschen sich als von der restlichen Bevölkerung
unterschieden verortet. Als Kollektiv
hatten sie eine, teilweise gewalttätige, völkische
Politik betrieben. Während des Nationalsozialismus,
insbesondere während des
Zweiten Weltkrieges, waren sie Nutznießer
und aktive Träger der nationalsozialistischen
Herrschaft.
Aus gutem Grund wurde diesen Umgesiedelten
von den Alliierten direkt nach dem
Zweiten Weltkrieg eine eigenständige Organisierung
untersagt. Erst im Zuge der nachlassenden
Entnazifizierungsbemühungen
konnten sich in den frühen 50er Jahre erste
„Vertriebenenorganisationen“ gründen.
1950 wurde die Charta der Vertriebenen unterzeichnet,
in welcher diese sich unter völliger
Missachtung der historischen Umstände
zu Leidenden des Zweiten Weltkrieges
erklärten. Eine Ansicht, die auch heute noch
offensiv in der Selbstbezeichnung als „Vertriebene“
vertreten wird.
1957 wurde dann als Dachorganisation der
Bund der Vertriebenen [BdV] begründet,
dessen 50er Geburtstag am 22. Oktober
2007 von ihm in Berlin begangen wird. Auch
wenn der BdV gerne den Eindruck erweckt,
vertrat er nie die Gesamtheit aller Umgesiedelten,
sondern immer nur den Teil der
deutschen Bevölkerung, der sich zur Geschichtsdeutung
und Politik der organisierten
„Vertriebenen“ bekannte. Die Umgesiedelten,
die sich entweder damit abfanden,
dass die Umsiedlungen nicht rückgängig zu
machen sind oder aber deren Berechtigung
trotz der eigenen Geschichte einsahen, waren
nie Teil des BdV.
Mit ihrer Charta der Vertriebenen versuchten
die „Vertriebenen“ sich als Opfer der
nationalsozialistischen Politik darzustellen.
Gleichzeitig wird die Charta bewusst als Protest
gegen das Potsdamer Abkommen begriffen.
Bereits in den 1950er Jahren forderten
die „Vertriebenen“ auf Grundlage dieser
Charta, bei der Frage europäischer Machtkonstellationen
mitentscheiden zu können.
LEIDEN UND GEBIETSANSPRÜCHE
Faktisches Ziel in den ersten 20 bis 30 Jahren
der Existenz des BdV war es, politisch
den Anschluss der DDR, Polen und der
Tschechoslowakei zugesprochenen Gebiete
an die Bundesrepublik zu erreichen. Die
auch heute noch vom BdV benutzte Parole
des „Rechts auf Heimat“ sollte lange Zeit
einen expliziten Anspruch auf diese Gebiete
aufrecht erhalten.
In den Jahren nach der Wiedervereinigung
kam es zu einem diskursiven Wandel. Dieser
ging mit einem Generationenwandel in
der Führungsetage und an der Basis des
BdV einher. Nicht mehr die wirklich Umgesiedelten,
sondern eine sogenannte „Bekenntnisgeneration“
übernahm aus Altersgründen
nach und nach die Arbeit des Verbandes.
Unausgesprochenes Ziel ist es heute,
eine kulturell-hegemoniale Dominanz in
den ehemals von Deutschen mitbewohnten
Gebieten zu erringen. Dies manifestiert sich
unter anderem in den Forderungen des BdV
nach einem „Minderheitenstatus“ oder
„Volksgruppenrechten“ für Deutsche im
Ausland. Gleichzeitig betreibt der BdV und
seine Unterorganisationen in von ihm als
Einflussgebiet angesehenen Gemeinden eine
Kulturpolitik, welche vorrangig darauf abzielt,
die tatsächliche oder angebliche deutsche
Tradition in der jeweiligen Gemeinde
zu erhalten.
Gesellschaftlich bedeutsam ist der BdV
heute durch das Aufgreifen und beständige
Verbreiten eines spezifisch völkischen Heimatdiskurses.
Heimat versteht der BdV als
ein erbliches, mit der Geburt gegebenes und
unveräußerliches Gut, welches grundlegend
für die kulturelle Identität eines Menschen
sei.
Dass es einen guten historischen Grund
gab, die Deutschen umzusiedeln, will der
BdV dabei nicht wahr haben. Ebenso wenig
den Fakt, dass die Ungerechtigkeiten und
Leiden, die bei oder durch diese Umsiedlung
eintraten, ihren Ursprung im politischen
Verhalten der Deutschen vor 1933 und während
der nationalsozialistischen Herrschaft
hatten. Stattdessen pflegen die „Vertriebenen“
einen Diskurs, indem vermeintliches
oder tatsächliches Leid als Bewertungsgrundlage
von Politik angesehen wird. Dieser
ist auch in der öffentlichen Debatte um
den Alltag im dritten Reich angekommen.
Dass die Umgesiedelten litten, gilt als
grundlegend für die historische Bewertung
dieser Vorgänge. Und nicht, dass es Gründe
für die Umsiedlungen gab und dass dies in
einem zerstörten Europa geschah. Mit dieser
Argumentation wird die gesamte Menschheitsgeschichte
auf eine einfache Formel reduziert,
bei der alle Leiden als gleichwertig
angesehen werden. Das Überleben von Konzentrationslagern,
die Flucht vor den Genoziden
der letzten Jahrzehnte auf dem afrikanischen
Kontinent und anderes, wird so auf
eine Ebene gestellt, auf der sich die „Vertriebenen“
ebenfalls verorten. Dies ist argumentativ
absurd. Gleichzeitig ist es aber –
beispielsweise durch die zahlreichen Dokumentationen
der ZDF-Geschichtsredaktion
und solche Kinoerfolgen wie Der Untergang
– schon längst zur akzeptierten Argumentation
innerhalb der deutschen Öffentlichkeit
geworden. Wobei es schwierig ist, den Anteil
der Politik der „Vertriebenen“ an der
Verbreitung dieser Meinung einzuschätzen.
Vielleicht ist er nicht annähernd so groß, wie
manchmal angenommen wird. Auffällig ist
allerdings, dass sich die Äußerungen des
BdV und breiter Teile der Öffentlichkeit,
heute kaum noch voneinander unterscheiden
lassen.
ZENTRUM, GEDENKTAG UND
SCHULALLTAG
Das bisher am weitesten fortgeschrittene
Projekt der „Vertriebenen“ firmiert unter
dem Titel Zentrum gegen Vertreibung. Die
erste Grundthese dieses Projektes ist, dass
jede Vertreibung von Menschen, ungeachtet
aller Begleitumstände, ein Verbrechen sei
und dass die Umsiedlungen der Deutschen
nach dem Zweiten Weltkrieg eine solche
Vertreibung darstellen würde. Die zweite
Grundthese ist die, dass jedes „Volk“ eine
gemeinsame historische Erfahrung hätte,
diese ausgeglichen sein müsste und dass
der deutschen historischen Erfahrung das
angemessene gedenken an die Umsiedlungen
fehle. Die Deutschen sollen, so die Forderung
des BdV, hauptsächlich gedenken,
dass Deutsche umgesiedelt und damit angeblich
zu Opfern wurden. Alle anderen Opfer,
hätten vorerst hinter diesem Gedenken
zurück zu stehen. Es geht den „Vertriebenen“
dabei letztlich um eine Gleichsetzung
aller Verbrechen des Nationalsozialismus,
inklusive der Shoa, mit ihrem eigenen
Schicksal.
Die „Vertriebenen“ haben mit diesem Projekt
erreicht, dass ihre Geschichtsdeutung
öffentlich kaum noch hinterfragt wird, auch
wenn der radikalen Forderung des BdV nach
einem Zentrum gegen Vertreibung in Sichtweite
des Holocaustmahnmals – und damit
einer Gleichsetzung von Shoa und Umsiedlung
– mehrere Male eine Absage erteilt
wurde und sich nach und nach ein erweitertes
Konzept eines europäischen Netzwerkes
gegen Vertreibung durchzusetzen scheint.
Doch weithin werden heute Umsiedlungen
als „Vertreibungen“ bezeichnet, die historisch
fragwürdigen Zahlen des BdV als Fakten
übernommen und die „Vertriebenen“ als
Opfer angesehen, deren Leiden öffentlich
gedacht werden müsse. Fragwürdig scheint
nur noch die konkrete Umsetzung dieses
Gedenkens.
Kurz vor dem 50. Jahrestag ihres Verbandes
traute sich deren Vorsitzende Erika
Steinbach mit einer weiteren Forderung in
die Öffentlichkeit. Es reicht ihr offenbar
nicht, dass den Behauptungen ihres Verbandes
nach und nach öffentlich Glauben geschenkt
wird. Sie möchte einen nationalen
Gedenktag für die „Vertriebenen“ etablieren.
Eine Etablierung eines solchen Tages als offiziellen
Gedenktag würde konsequent zu
Ende gedacht bedeuten, dass die deutsche
Öffentlichkeit einmal jährlich gedenkt, den
Zweiten Weltkrieg verloren zu haben.
Einen massiven Hinweis auf den bedeutenden
inhaltlichen Einfluss der geschichtsrevisionistischen
Strömung in der deutschen
Gesellschaft, an welcher die „Vertriebenen“
aktiv teilnehmen, ist die Tatsache, dass in
Nordrhein-Westfalen seit dem Schuljahr
2007/2008 das Thema „Vertreibungen der
Deutschen“ in den Jahrgängen fünf bis zehn
im gymnasialen Rahmenplan vorgesehen
ist. Der Plan der umstrittenen Schulministerin
lautet, diese Regelung in den nächsten
Jahren auch in den anderen Schultypen
durchzusetzen, auch wenn die Oppositionsparteien
noch protestieren. Die „Vertriebenen“
stimmten diesem Plan begeistert zu
und möchten ihn gerne auf alle Schulen in
Deutschland ausgedehnt sehen.
Neben diesen Initiativen gibt es innerhalb
des Verbandes weiterhin eine einflussreiche
Gruppe von Befürwortern und Befürworterinnen
von Gebietsansprüchen. Furore
machte dabei in den letzten Jahren hauptsächlich
die Preussische Treuhand. Diese
Organisation kündigte an, Klagen von „Vertriebenen“
gegen Polen auf Rückgabe von
Eigentum zu sammeln und vor dem Europäischen
Gerichtshof für Menschenrechte zu
vertreten. Hiermit will die Preussische Treuhand
erreichen, die Umsiedlungen als Unrecht
anerkennen zu lassen. Auch wenn der
BdV sich offiziell von dieser Organisation distanzierte,
wird sie doch einzig getragen
von Mitgliedern des BdV, bis hin zum Vorsitzenden
einer der größten Gruppen im BdV,
der Landsmannschaft Schlesien.
ZWANGSKOLLEKTIV
Grundlegend für die Politik des BdV außerhalb
Deutschlands ist das Verständnis von
„Volksgruppen“. Individuen werden nach
diesem Verständnis nicht vorrangig als Bürgerinnen
und Bürger des Staates angesehen,
in dem sie leben, sondern als Angehörige
eines „Volkes“. Welchem „Volk“ ein Individuum
dabei angehört, geht einzig und
allein aus der Zugehörigkeit der leiblichen
Eltern hervor. Jene Zuordnung ist nach dieser
Vorstellung unabänderlich. Ein „Volk“ ist
somit eine Zwangsgruppierung mit vererbter
Mitgliedschaft.
Während viele Formen des Rassismus und
Nationalismus davon ausgehen, dass für je-
des „Volk“ eine eigenständige Nation begründet
werden müsse, vertritt der BdV –
zumindest die Teile, die von Gebietsrevisionen
absehen – ein modifiziertes Konzept.
Dieses findet heutzutage auch in rechtsextremen
Kreisen mehr und mehr Akzeptanz,
gilt aber auch Teilen der offiziellen deutschen
Politik als Grundlage der deutschen
Außenpolitik. Es ist im Rahmen dieser Auffassung
möglich, dass unterschiedliche „Völker“
in einem Staat leben können. Für das
Funktionieren und Bestehen eines Staates
wird es als notwendig angesehen, dass alle
Menschen schicksalhaft jeweils einem „Volk“
zugeordnet werden und vor allem im Rahmen
dieser „Volksgruppen“ politische Macht
ausüben.
Dieses Denken steht dem Grundgedanken
vom selbstbestimmten Individuum als Menschenbild
gegenüber.
Darüber hinaus beinhaltet das „Volksgruppendenken“
des BdV die Vorstellung von der
Zusammengehörigkeit von „Volksgruppen“
über staatliche Grenzen hinweg. Hieraus leiten
die „Vertriebenen“ ihre Verantwortlichkeit
für Deutsche außerhalb Deutschlands
ab.
DEUTSCHLAND
Die Diskurse, welche der BdV pflegt, werden
heutzutage auch in der deutschen Öffentlichkeit
akzeptiert. Nicht nur, dass am
50. Jahrestag die Bundeskanzlerin eine
Festrede halten soll und dass die jährlichen
Tage der Heimat regelmäßig von Politikerinnen
und Politikern in höchsten Regierungsämtern
besucht werden.
Auch die Vorstellung, die „Vertriebenen“
über Leiden und Heimat verbreiten, haben
eine gewisse Allgemeingültigkeit erlangt.
Das öffentlich-rechtliche Fernsehen strahlte
Anfang 2007 einen Zweiteiler aus, in dem
das Schicksal von Umgesiedelten als Katastrophe
Unschuldiger ohne historischen Vorlauf
dargestellt wurde. Gleichzeitig produziert
die Geschichtsredaktion des ZDF unter
Guido Knopp beständig Serienbeiträge, in
welchen die Täter und Täterinnen des Nationalsozialismus
unangefochten als Zeitzeuginnen
und Zeitzeugen gelten und jetzt öffentlich
Geschichten verbreiten können, die
sie Jahrzehnte lang schon bei Familienfesten
kundgaben.
Das die Umsiedlung eine Vertreibung gewesen
wäre, die mit real vorgekommen Vertreibungen
und Völkermorden, wie dem an
den Armeniern nach der jungtürkischen Revolution,
gleichzusetzen sei, ist eine weit
verbreitete Ansicht. Nicht mehr eine marginalisierte
Meinung, deren Fehlerhaftigeit offensichtlich
wäre.
Bis in die 1980er Jahre stand der BdV eindeutig
in der rechten Ecke des gesellschaftlichen
Systems, in die er auch gehört. Heute
hat er sich durch die vordergründige Aufgabe
der revisionistischen Gebietsansprüche
zu einer Organisation gewandelt, die in der
deutschen Öffentlichkeit als annehmbar gehandelt
wird.
HEUTE
Unsere Kundgebung richtet sich einerseits
dagegen, dass eine solche Organisation wie
der Bund der Vertriebenen ganze 50 Jahre
existieren und arbeiten konnte. Andererseits
soll sie neben der Geschichte und dem Einfluss
dieser Organisation die Selbstverständlichkeit
skandalisieren, mit der die
deutsche Geschichte umgeschrieben, der
Nationalsozialismus zu einer überwunden
Marginalie umgedeutet und antimodernen
Ideologemen wie Heimat und „Volksgruppen“
eine Wahrhaftigkeit zugesprochen
wird. Vielmehr ist das völkische und revanchistische
Gedankengut, dem sich der BdV
bedient, gesellschaftlich akzeptiert und gefördert.
Die Politik der „Vertriebenen“, die
Unverschämtheiten der deutschen Öffentlichkeit
im Umgang mit ihrer historischen
Schuld und ihr offener Geschichtsrevisionismus,
stellen sich ergänzende Teile einer gesellschaftlichen
Entwicklung dar, die wir insgesamt
angreifen wollen.

Bündnis 50 Jahre sind 50 zuviel

Berlin
Kundgebung: 22.10.2007, 17.00, Berlin,
vor der Neuen Wache (Unter den Linden
4)




www.50-jahre-sind-genug.de.vu

05.10.2007

The Bubble

Film Tip






Bitter sweet wie Romeo und Julia.
Die Geschichte von Ashraf und Noam.
Verfilmt vom israelischen Regisseur Eytan Fox.